Rückblick 2024

zufolge leben mehr Kinder als je zuvor entweder in Konfliktgebieten oder sind aufgrund von Konflikten und Gewalt gewaltsam vertrieben worden“, berichtet UNICEF in einer Pressemitteilung vom 27. Dezember 2024. Über 473 Millionen Kinder – mehr als jedes sechste Kind weltweit – leben demnach heute in Konfliktgebieten, mehr als 47 Millionen Kinder wurden vertrieben. „Die Rechte einer Rekordzahl von Kindern, die von Konflikten betroffen sind, werden verletzt,“ heißt es darin. Insbesondere wenn sie direkt von Konflikten betroffen sind und verwundet und getötet werden. Aber auch, weil sie „die Schule abbrechen müssen, es an lebenswichtigen Impfungen fehlt oder sie an schwerer Mangelernährung leiden. Diese Zahl wird voraussichtlich noch weiter steigen.“ Diese Entwicklung zu stoppen, ist ein gemeinsames Ziel der humanitären Hilfsorganisationen. „Kindheit im Krieg“, betont Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, „das darf niemals das neue ‚Normal’ unserer Zeit werden“ (siehe S. 6). Hilfsorganisationen können Kriege zwar nicht beenden. Sie können jedoch Kinder vor einem Alltag im Krieg bewahren, indem sie sie – und generell Zivilpersonen – aus dem unmittelbaren Kriegsgeschehen heraushalten oder dabei helfen, den Kämpfen zu entfliehen. Sie können dabei unterstützen, Schutzzonen zu schaffen, beispielsweise in Flüchtlingscamps innerhalb und außerhalb des Landes. Humanitäre Hilfe dort bedeutet zunächst, das Überleben zu sichern, Notunterkünfte zu errichten, medizinische Hilfe zu leisten sowie Lebensmittel, Trinkwasser, Kleidung und Hygieneartikel bereitzustellen. Wo dies nicht möglich ist, weil Zivilpersonen die umkämpften Gebiete nicht verlassen können oder wollen, bedarf es kleinräumiger Schutzzonen. Humanitäre Hilfe braucht solide Finanzierung Humanitäre Hilfe ist der sichtbarste Ausdruck von Menschlichkeit und eine direkte Antwort auf Krisen und Katastrophen weltweit. Als Diakonie Katastrophenhilfe leisten wir sie seit Jahrzehnten mit Unterstützung von privaten Spender*innen und Staaten wie Deutschland. Wir setzen unsere Hilfe strikt nach den Prinzipien Menschlichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit um. Als Empfänger staatlicher Mittel richten wir unsere Projekte und Lobby-Arbeit ausschließlich an den Bedarfen der Menschen vor Ort aus. Private Spenden und staatliche Gelder wirken dabei komplementär: Durch Spenden können wir unseren lokalen Partnerorganisationen eine rasche und flexible Hilfe ermöglichen, etwa bei unvorhersehbaren Krisen wie dem Erdbeben in Myanmar. Gleichzeitig sichern Spenden unsere Handlungsfähigkeit in „vergessenen Krisen“ wie in Haiti, in denen es kaum staatliche Mittel gibt. Staatliche Gelder wiederum erlauben uns, größere und längerfristige Projekte umzusetzen, die oft über die akute Nothilfe hinausgehen. Als Unterzeichner der Genfer Konvention bekennt sich Deutschland zu einer prinzipientreuen humanitären Hilfe und dem humanitären Völkerrecht. Staatliche Mittel für humanitäre Hilfe sind Ausdruck dieses Bekenntnisses und ein klares Signal globaler Solidarität. Doch die Realität ändert sich: Durch Kürzungen im Jahr 2024 mussten humanitäre Akteure bereits Projekte einstellen und Menschen in Not allein lassen. Weitere gravierende Kürzungen sind in Deutschland durch die Bundesregierung geplant. Sie will die Mittel für humanitäre Hilfe halbieren – in einer Zeit, in der sich die USA weitgehend zurückgezogen haben und die Bedarfe weltweit extrem hoch sind. Deshalb ist ein Richtungswechsel dringend nötig. MARTIN KESSLER ist Direktor der Diakonie Katastrophenhilfe Dem Bürgerkrieg entkommen, aber ohne Perspektive: Fast eine Million aus Myanmar geflohene Rohingya leben im größten Flüchtlingslager der Welt im südöstlichen Bangladesch. © Emtiaz Ahmed Dulu | Diakonie Katastrophenhilfe >> 7

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